Strafverteidiger Forum
(StraFo - Organ der Arbeitsgemeinschaft
Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins),
1/2006 Buchbesprechung
Assessor Benedikt Bertenbreiter,
München



Raoul Muhm , Gian Carlo Caselli (Hrsg.) :
Die Rolle des Staatsanwaltes - Erfahrungen in Europa
Il ruolo del Pubblico Ministero - Esperienze in Europa
Le role du Magistrat du Parquet - Expériences en Europe
The role of the Public Prosecutor - Experiences in Europe
Vecchiarelli Editore Manziana (Rom) 2005 .
ISBN: 88-8247-156 - X , 225 S.

 


Die aus mehreren europäischen Ländern stammenden Autoren dieses Buches setzen sich mit dem aktuellen und kontrovers diskutierten Thema der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft auseinander.
Die einzelnen Beiträge zeigen, insbesondere im Hinblick auf die in Deutschland bestehende Weisungsgebundenheit auf, wie heutzutage tatsächlich nach wie vor auf das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren Einfluss genommen werden kann und auch Einfluss genommen wird.
Es werden die unterschiedlichsten Erscheinungsformen der Einflussnahme dargestellt: dabei werden unter anderem die Einflussnahme durch Weisungen, die Einflussnahme aufgrund von Berichtspflichten und die faktischen Einflussnahme durch vorauseilenden Gehorsam ausführlich geschildert1.Daran anknüpfend werden die daraus folgenden Probleme einzeln aufgezeigt.
Folgende Hauptprobleme im Hinblick auf eine etwaige Einflussnahme werden dabei herausgearbeitet: die Gefahr eingeschränkter Ermittlungsmöglichkeiten bei Ermittlungen gegen Funktionsträger aus Politik und Wirtschaft bzw. Vorgesetzte oder hohe Amtsträger, die Gefahr der Einschränkung des Prinzips der Gewaltenteilung durch das Weisungsrecht der Exekutive, die Gefahr für das Ansehen der Justiz durch nicht transparente Einflussnahmen und die Gefahr für das Selbstverständnis der Justiz, die Gleichheit vor dem Gesetz gegenüber jedermann zuverwirklichen sowie die Gefahr für das Verantwortungsbewusstsein2.
Der zusätzliche und besondere Wert dieses Buches liegt nun neben dem bereits Angeführten darin, dass mehrere durchdachte und praktikable Lösungsansätze für die bestehenden Defizite angeboten werden.
Das so genannte. ? Italienische Modell? wird in diesem Zusammenhang besonders hervorgehoben. In Italien wird nämlich die Staatsanwaltschaft von Verfassungswegen einerseits als Organ geschützt indem sie von der Exekutive ausgegliedert ist; zum anderen wird die Person des Staatsanwalts insoweit geschützt, als er genauso wie der Richter unabsetzbar und unversetzbar ist3.
Der Leser profitiert bei diesem Werk von den einschlägigen Erfahrungen der einzelnen Autoren, die diese in den unterschiedlichsten Mitgliedstaaten der EU sammeln konnten.

Raoul Muhm , Rechtsanwalt in München und schon Lehrbeauftragter an der Ludwigs- Maximilians Universität München, ist Verfasser zahlreicher Beiträge in renommierten europäischen Fachzeitschriften .
Gian Carlo Caselli ist Generalstaatsanwalt in Italien und Nachfolger des von der Mafia ermordeten Chefanklägers von Palermo, Falcone, und machte sich durch seine gegen den italienischen Terrorismus sowie , später , durch die gegen Berlusconi geführte Ermittlungsverfahren einen Namen.
Winfried Maier war seinerzeit Staatsanwalt im Rahmen der Ermittlungen im Fall Kohl .

Erardo Cristoforo Rautenberg ist Generalstaatsanwalt in Brandenburg , Klaus Pförtner Oberstaatsanwalt in Frankfurt.
Eduardo Maia Costa und Pefecto Andres Ibanez sind jeweils Vorsitzende Richter am Obersten Gerichtshof in Lissabon und Madrid. Bleibt zu sagen, dass dieses Buch für all diejenigen, die Interesse an dem Hintergrund des Streits um die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft zeigen, viel Freude bereiten und maßgeblich Einfluss auf die zukünftige Diskussion nehmen wird.

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1 S. 174 ff
2 S. 178 ff
3 S. 75 ff; ein externes Weisungsrecht wird aus Gründen der
Rechtsstaatlichkeit als verfassungswidrig eingestuft. Aber auch
innerhalb der Justiz ist der italienische Staatsanwalt weitgehendst
unabhängig; das interne Weisungsrecht kann sich nur innerhalb der
einzelnen Staatsanwaltschaften beim jeweiligen Gericht entfalten.
Bezüglich konkreter Fälle besteht kein internes Weisungsrecht. Der
Leiter der Staatsanwaltschaft hat nur ein streng limitiertes
Substitutions- und Devolutionsrecht